Entscheidungen im Musikrecht
Die nachfolgend wiedergegebenen Entscheidungen können nicht auf andere Fallgestaltungen übernommen werden. Zudem sind keineswegs alle relevanten Entscheidungen dargestellt, vielmehr wurden diese individuell ausgewählt, sofern die Entscheidung uns bedeutsam erschien. Dabei gilt des weiteren zu berücksichtigen, dass die einzelnen Instanzen (Amtsgericht, Landgericht, Oberlandesgericht) keineswegs durchgängig der höchstrichterlichen Rechtsprechung folgen, so dass Urteile der unteren Instanzen durchaus von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) abweichen können:
Sollten Sie eine bestimmte Entscheidung suchen, fragen Sie uns. Bitte beachten Sie auch, dass täglich neue Gerichtsentscheidungen in den verschiedenen Instanzen ergehen, aber keineswegs jede Entscheidung rechtlich neue Auslegungen zu Tage fördert.
BGH-Entscheidungen zum Musikrecht
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat im Bereich des Musikrechts zahlreiche richtungsweisende Entscheidungen getroffen, die verschiedene Aspekte des Urheberrechts, der Verwertungsrechte und der Nutzung von Musikwerken betreffen. Im Folgenden werden einige bedeutende Urteile vorgestellt:
1. BGH, Urteil vom 20. November 2008 – I ZR 112/06 ("Metall auf Metall")
In diesem Fall ging es um die unautorisierte Nutzung einer zweisekündigen Rhythmussequenz aus einem Musikstück der Band Kraftwerk durch den Produzenten Moses Pelham. Der BGH entschied, dass auch kleinste Teile eines Musikstücks urheberrechtlich geschützt sind und deren Nutzung ohne Zustimmung des Rechteinhabers eine Verletzung des Urheberrechts darstellt. Diese Entscheidung hatte weitreichende Auswirkungen auf die Praxis des Sampling in der Musikindustrie.
2. BGH, Urteil vom 8. November 2005 – KZR 37/03 ("Hörfunkrechte")
Hier wurde entschieden, dass Fußballvereine berechtigt sind, von Hörfunksendern ein Entgelt für die Berichterstattung aus ihren Stadien zu verlangen. Der BGH stellte fest, dass das Hausrecht der Vereine es ihnen ermöglicht, den Zutritt zu ihren Stadien von Bedingungen wie der Zahlung eines Entgelts abhängig zu machen. Die Rundfunkfreiheit verleiht den Sendern kein Recht auf unentgeltlichen Zutritt.
3. BGH, Urteil vom 27. Oktober 2011 – I ZR 125/10 ("Barmen Live")
In diesem Fall ging es um die Berechnung der Vergütung für Musikaufführungen im Freien, wie Straßenfeste oder Weihnachtsmärkte. Der BGH bestätigte, dass die GEMA berechtigt ist, die Vergütung nach der Größe der gesamten Veranstaltungsfläche zu bestimmen, unabhängig davon, ob bestimmte Bereiche nicht direkt beschallt werden oder von Besuchern nicht betreten werden können.
4. BGH, Urteil vom 13. September 2018 – I ZR 187/17 ("Sportwagenfoto")
Der BGH entschied, dass die Veröffentlichung eines bearbeiteten Fotos eines Sportwagens auf einem Albumcover ohne Zustimmung des Urhebers eine Verletzung des Urheberrechts darstellt. Dies unterstreicht die Notwendigkeit, bei der Nutzung von Fotografien in der Musikvermarktung stets die Rechte der Urheber zu beachten.
5. BGH, Urteil vom 26. September 1980 – I ZR 17/78 ("Dirlada")
In diesem Urteil befasste sich der BGH mit der Frage des urheberrechtlichen Schutzes eines Werkes der Unterhaltungsmusik. Er stellte fest, dass die schöpferische Eigentümlichkeit bei Musikwerken in ihrer individuellen ästhetischen Ausdruckskraft liegt und dass an den individuellen ästhetischen Gehalt keine zu hohen Anforderungen gestellt werden dürfen.
Entscheidungen des EuGH
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in mehreren bedeutenden Entscheidungen das Musikrecht innerhalb der Europäischen Union geprägt. Nachfolgend sind einige der zentralen Urteile aufgeführt:
1. Metall auf Metall: Sampling und Urheberrecht
- Rechtssache: Pelham GmbH gegen Hütter und Schneider-Esleben (C-476/17)
- Datum: 29. Juli 2019
- Kernaussage: Der EuGH entschied, dass das Sampling kurzer Musiksequenzen unter bestimmten Umständen zulässig sein kann, sofern es die Rechte der Urheber nicht unverhältnismäßig beeinträchtigt. Dies bedeutet, dass Künstler kleine Teile fremder Werke in ihre eigenen Kompositionen integrieren dürfen, wenn dadurch keine Verletzung der berechtigten Interessen des ursprünglichen Urhebers erfolgt.
2. Pastiche-Ausnahme: Klärung des Begriffs
- Rechtssache: VG Bild-Kunst gegen Stiftung Preußischer Kulturbesitz (C-476/17)
- Datum: 29. Juli 2019
- Kernaussage: Der EuGH wurde vom Bundesgerichtshof (BGH) um Klärung des Begriffs "Pastiche" im Kontext des Urheberrechts gebeten. Dies ist relevant, da die Pastiche-Ausnahme es ermöglicht, Werke ohne Zustimmung des Urhebers zu nutzen, sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.
3. Öffentliche Wiedergabe: Hintergrundmusik in Verkehrsmitteln
- Rechtssache: Société des auteurs des arts visuels et de l’image fixe (SAIF) gegen Google Inc. (C-775/21 und C-826/21)
- Datum: 20. April 2023
- Kernaussage: Der EuGH stellte fest, dass das Abspielen von Hintergrundmusik in Verkehrsmitteln wie Flugzeugen und Zügen eine "öffentliche Wiedergabe" darstellt und somit urheberrechtlich relevant ist. Dies bedeutet, dass Betreiber solcher Verkehrsmittel gegebenenfalls Lizenzgebühren an die Urheber zahlen müssen.
4. Phil Collins-Entscheidung: Gleichbehandlung im Urheberrecht
- Rechtssache: Phil Collins gegen Imtrat Handelsgesellschaft mbH (C-92/92 und C-326/92)
- Datum: 20. Oktober 1993
- Kernaussage: Der EuGH entschied, dass die Mitgliedstaaten der EU verpflichtet sind, Urhebern aus anderen Mitgliedstaaten die gleichen Rechte einzuräumen wie ihren eigenen Staatsangehörigen. Dies stärkte die Gleichbehandlung im Urheberrecht innerhalb der EU.
5. La Bohème-Entscheidung: Anwendbarkeit der Nichtdiskriminierungsklausel
- Rechtssache: Land Hessen gegen G. Ricordi & Co. Bühnen- und Musikverlag GmbH (C-360/00)
- Datum: 6. Juni 2002
- Kernaussage: Der EuGH entschied, dass die Nichtdiskriminierungsklausel des EU-Vertrags auch auf Urheberrechtsfälle anwendbar ist, selbst wenn der Urheber vor dem Beitritt des betreffenden Staates zur EU verstorben ist. Dies bedeutet, dass Werke von Urhebern aus anderen EU-Staaten nicht diskriminiert werden dürfen.
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